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Vietnam Posters: The David Heather Collection; von David Heather, Sherry Buchanan, Taschenbuch, 281 Seiten, Prestel Verlag, Euro 19,95

„Nichts ist wertvoller als Unabhängigkeit und Freiheit.“ prangt in goldenen Lettern auf rotem Grund neben dem einfach stilisierten Porträt Ho Chi Minhs. Die Führerfigur steht für Stabilität in der wechselhaften und schwierigen Geschichte Vietnams. Diese Geschichte wird durch die umfangreiche Plakatsammlung in diesem Buch eindrucksvoll dokumentiert. Damit knüpft der Band an die bereits erschienenen Bände über nordkoreanische und sowjetische Plakatkunst an, die ebenfalls beeindruckende historische Dokumente enthalten.
In der Zeit des franco-vietnamesische Kriegs 1954-64 prägen einfachste Technik wie Holzschnitt oder Steindruck die Druckwerke. Ständig auf der Flucht, waren die Plakatkünstler gezwungen rasch zu arbeiten, auf kleine, flyerartige Formate zu wechseln und ihre mobile Druckerei im Dschungel auf- und abbauen zu können. Sogar Farben wurden aus Naturmaterialien selbst erzeugt. Die Sprache der Poster ist reduziert, hat oft französische Malerei und Illustration der Moderne zum Vorbild. Erst später, im Krieg gegen die Besatzermacht USA wechselte man zum effizienteren Offsetdruck und konnte grössere Auflagen produzieren. Schon in der Zeit zwischen den Kriegen gab es regen Austausch mit den kommunistischen Staaten, Plakatkünstler aus der Sovjetunion kamen als Gäste und gaben ihre Ideen und ihren Stil weiter. Ein besonders auffälliges, fast lyrisch anmutendes Bild, ist jenes von Frauen mit Gewehren. Viele Plakate tragen dieses Motiv. Man schätzt, dass eine Million Frauen im Krieg kämpften, viele von ihnen an vorderster Front.
Eine weitere Eigenheit ist die Integration von Volkskunst als Gestaltungsstil. Künstler wurden in Landdörfer geschickt, um den naiven Stil der Landbevölkerung zu studieren, und verarbeiteten ihn zu einem national-vietramesischen Stil, mit einfachen kontourierten Figuren, Blumenmotiven und Ornamenten. Immer noch staatlich gelenkt, wurde der typische Stil auch später bis heute immer wieder als Retrostil weitergeführt und zitiert. So kann es vorkommen, dass man noch heute auf Vietnams Strassen auf Poster trifft, die den gewinnenden Charme des Einfachen und Spontanen tragen.


Erwin K. Bauer

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