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Sanaa, Moritz Küng, Hatje Cantz Verlag 2007, 128 S., Euro 39,80

Architektur und Kunst sind zwei Disziplinen, die sich berühren, befruchten und voneinander profitieren können. Sich ein Bild von Architektur zu machen, ist eine anspruchsvolle Sache. Sie real zu erleben, spricht direkt viele Sinne an. Abstrakte Pläne zu lesen, steht nur Eingeweihten zu und lässt den Klang von Raum nur erahnen. Walter Niedermayr kommt aus der Kunst und richtet seinen Blick auf den Raum. Er ist ein präziser Beobachter der Landschaft, dem Raum, den vom Menschen Schrit für Schritt erobert wird. Sein Thema sind die Spuren der Zivilisation, die er in seinen bekannten Dyptichen zu Panoramen montiert, die unendlich erscheinen.

Seit mehreren Jahren begleitet er das Architektenteam Sanaa und ihre Projekten. Poetisch zeichnet er auf, was nicht zu sehen ist. Seine Bilder der Gebäude sind nicht dokumentarisch gemeint, vielmehr nähern sie sich der Seele der aussergewöhnlichen Projekte an. Das Tokyoer Architekturbüro schafft mit seinen ephemeren, farblos-transparenten Räumen auf den ersten Blick unnahbare, aber bei eingehender Betrachtung Gebäude mit menschlichem Mass. Sie lassen sich inviduell benutzen, beleben und bieten Geborgenheit. In ihrer Geradlinigkeit nutzen sie die Projektbedingungen individuell aus und geben jedem neuen Haus seinen eigenen Charakter. Jüngste Beispiele sind die Zollverein School of Management and Design, das vollständig transparente Bürogebäude am neuen Novartis Campus in Basel oder das Moriyama House, ein radikales Appartmentkonzept, das aus zehn Ein-Raum-Pavillons besteht.

Im vorliegenden grossformatigen, weissen Band reihen sich Bildräume auf mattem Kunstdruckpapier, unterbrochen von Projektbeschreibungen auf verkürztem dünnem Naturpapier aneinander. Die Materialität mutet japanisch an, die Typografie zelebriert Weissraum und Reduktion, die Dramaturgie moderiert ein fliessend-gleitendendes Lesen der poetischen Bildeindrücke. Diese hohe gestalterische Qualität hat einen bekannten Namen: Mevis & Van Deursen, das Amsterdamer Duo hervorragenden Designs seit über 15 Jahren übersetzt den künstlerischen Anspruch der Fotografie und die ideale Darstellung der Architektur selbstverständlich in das Medium Buch und kommt damit der Philosopie von Sanaa sehr nah. Exakt das zeichnet einen guten Gestalter aus: Die Übersetzung einer Haltung in eine lesbare Sprachen. Das vorliegende Buch ist ein Musterbeispiel dafür, wie befruchtende Zusammenarbeit dreier Disziplinen gelingen kann.
(Erwin K. Bauer)

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