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One. Die einzige Chance, Tobias Elsäßer, Fischer Verlag, Sauerländer 2013, 391 S., Euro 17,50 (A) |
Eigentlich möchte Samuel zu seiner Mutter nach London. Sein Vater, ein genialer Mathematiker, warnt ihn vor den Unruhen in Europa. Aber Samuel will weg aus Hongkong – und gerät in Frankfurt dann in einen einzigen Alptraum. Sein selbstorgansisiertes Übernachtungsquartier sagt ab, an der Notadresse, die sein Vater ihm gab, findet er einen Toten, die Polizei prügelt ihn, ein Mädchen rettet ihn, nimmt ihn aber mit zu ihrer Widerstandsbewegung, die mithilfe des Internets die Weltrevolution plant. Die Idee ist simpel: Über das Computerspiel „One“ steigen die Menschen ein und werden langsam in das echte Leben übergeleitet. Ziel ist es, die Gesellschaft aus der Macht der Finanzsysteme zu befreien, „mit der Ungerechtigkeit, dem Betrug und der Raffgier aufzuräumen“ – Ziele, die die meisten LeserInnen wohl gerne unterstützen würden. Damit hat der 1973 geborene Autor, der auch als Journalist und Gesangslehrer arbeitet, ein brisantes Thema und ein spannendes Grundgerüst gefunden. Aber dann führt die Handlung immer mehr in Richtung handelsüblicher Krimi, mit Entführung, Mord und Auftragsmörder, der eigentlich aussteigen will, Verfolgungsjagd, Doppelspielen und einer leider naiven Idee: ein Virus auf öffentlichen Computern soll zum finalen Crash führen: „Die ehrlichen Bürger haben einen Neuanfang verdient. Die Sintflut muss kommen, damit es nicht immer so weitergeht. (...) Europa muss in die Hände der Jüngeren gegeben werden.“ Das sagt zwar der Böse, aber darauf basiert die zentrale Handlung - auch wenn immer wieder betont wird: „Was danach komt, ist nicht vorhersahbar.“ Streckenweise spannend, aber zu unentschieden zwischen Krimi, SF und Gesellschaftskritik.