In einem außergewöhnlichen Projekt greift das Belvedere eine der spannendsten Eigenheiten der Wiener Kunst bzw. Kultur auf: die Hierarchiefreiheit zwischen freier und angewandter Kunst. Edelbert Köb, selbst Direktor des MUMOK Wien, beauftragte sechs KünstlerInnen, je einen Kubus als „Kunstprojekt mit Designhintergrund“ zu gestalten. Zusammen mit den Firmen Wittmann Möbelwerkstätten und Backhausen Interior Textiles sind so zeitgenössische „Musterzimmer“ entstanden: eine großartige Auseinandersetzung mit der Moderne von Florian Pumhösl, der den Kubus zum Sockel für ein zur Skulptur gehobenes Sofa erklärt, flankiert von Bildern aus Stoffmustern; im perfekten Kontrast dazu der geschlossene Kubus mit strengem Neo-Geo-Muster von Gerwald Rockenschaub, vom davor platzierten Sofa aus kontemplativ zu betrachten; die detaillierte Aufhebung jeglicher räumlicher Ordnung im begehbaren schwarz-weißen Bildraum von Esther Stocker und die all-over-Muster von Peter Kogler beweisen eindrücklich, wie facettenreich dieses Thema umgesetzt werden kann. Eher klassisch dagegen die stoffbezogenen Bilder von Lisa Ruyter und die übervolle Gruppengeschichte von Gilbert Bretterbauer. Im Katalog dazu fundierte Textbeiträge zu „Kulturelle Spielräume“ von Eva Maria Stadler und zum „Wiener Musterzimmer“ von Christian Witt-Dörring. Und als besonderer Clou ist der Katalog in Stoffhüllen verpackt – ein Sammlerstück!