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Gespräch mit Heimo Zobernig über seine Ausstellungen in der Galerie Meyer-Kainer, Wien, und im Essl Museum, Klosterneuburg

Sabine B. Vogel: Die Sockel bestehen aus Transportkisten, die darauf stehenden Vitrinen gehören zum Lagerbestand des Essl Museums. Warum präsentierst du deine abstrakten Skulpturen der 1980er Jahren im Essl Museum auf improvisierten Sockeln?

Heimo Zobernig: Der weiße Sockel ist bei mir ja selbst eine Skulptur. Also habe ich nach einem Ersatz gesucht, um die Modelle in Betrachterhöhe zu bringen. In meinem Atelier haben sich im Laufe der Jahre diverse Transportkisten angesammelt. Und da ich gerade mein Atelier ausräumen musste, bot sich diese Lösung an. Bei dieser Gelegenheit habe ich auch diese Objekte sortiert und elf für die Ausstellung ausgewählt. Zum Beispiel dieser schwarze Kubus, das ist vielleicht amüsant, wenn ich als Künstler auf der Suche nach der gelungenen Form zu diesem schlichten Ergebnis komme.

SBV: Warum sind manche deiner Skulpturen am unteren Rand andersfarbig?

HZ: Damit verfolge ich die Frage, wie sich die Form zur Basis verhält, ob das einen Übergang benötigt. Genau betrachtet fehlt ja eigentlich an dieser Stelle die Farbe.

SBV: Hinter der großen Bühne mitten im Raum im Essl Museum stehen durch einen Vorhang abgetrennt quer durcheinander Stühle – soll man sich dort hinsetzen?

HZ: Nein. Das ist der Backstage-Bereich. Man rätselt ja immer, was hinter der Bühne für tolle Parties stattfinden. Meine Vermutung: Dahinter passiert gar nichts Spannendes. Da stehen Stühle, die üblicherweise sagen ´Setz dich auf mich´. Das ist hier nicht so gemeint. Jetzt sagen sie ´Schau mich bitte nur an´.

SBV: Du hast letztes Jahr den renommierten Kiesler-Preis erhalten und zeigst deine Werke in Einzelausstellungen in der Kunsthalle Zürich, in der Wiener Galerie Meyer-Kainer und jetzt im Essl Museum – woher kommt dieses geballte Interesse an deiner Arbeit?

HZ: Das hat ja bereits vor drei Jahren mit Einzelausstellungen in der Tate St Ives, der Gulbankian Foundation in Lissabon, dem Centre Pompidou in Paris etc begonnen. Diese zweite Karriere liegt zum Teil daran, dass jetzt jüngere Kuratoren in leitender Position sitzen. Die haben meine Arbeit während ihres Studiums kennen gelernt und interessieren sich neben meinen frühen Werken auch für meinen kuratorischen Beistand. Denn ich habe in den 1990er Jahren auch die Umstände des Ausstellens über einzelne Werke hinaus behandelt, die Möblierung, das Sprechen über Kunst oder andere Veranstaltungen miteinbezogen.

Der Käfig hier im Essl Museum etwa entstand ursprünglich zu der Ausstellung „Festival“ im Centre Pompidou – mit dem Titel wollte man an die Ursprungsidee des Pompidou erinnern, dass es nicht nur als Haus für Objekte dienen sollte, sondern auch für Performances, Theater, Tanz, Film und Literatur. Ich habe damals die ganze Ausstellung gefasst, die Raumaufteilung mit einem variablen Vorhangsystem gestaltet. Ein Element davon war diese Skulptur in Form eines Stahlgitterkubus, der an ein Museumslager erinnert und in dem als Subausstellung jeden Tag ein anderes Bild herausgenommen und vorgestellt wurde. Hier sind jetzt meine Bilder aus der Sammlung darin.

SBV: Zur Kiesler-Preisverleihung hieß es in der Begründung, du würdest in deinem Werk „etablierte Sichtweisen subtil untergraben“ – was bedeutet das?

HZ: Warum soll man sich bereits Bekanntes noch einmal anschauen – das sind Aspekte, die mich interessieren. Dass man die Probleme, die sich in der Kunst ergeben, immer wieder erneut befragt. Denn es geht zwischendurch Wissen verloren und die Grundlagen müssen immer wieder erneut definiert werden. Die erste Spur liegt in der Technik, dem Material, denn das sind ja Traditionen, auf die man manchmal auch unhinterfragt aufbaut. Was kann man in den Kanon der Kunst einrücken, was wird ausgeschieden? Zum Beispiel die nackte Leinwand, das weiße Bild, das taucht seit fast hundert Jahren immer wieder auf und muss immer wieder anders befragt und neu aufgebaut werden.

HZ: In der Galerie Meyer Kainer hast du die Wände mit Stoffen und Papierbahnen verkleidet – ist dieser Eingriff auch eine ´erneute Befragung´?

HZ: Ich zeige nicht nur neue Bilder, sondern auch die Räume, in denen sie hängen, um zu zeigen, dass meine Einrichtung in der Galerie zu Erlebnissen, zu Empfindungen mit der Kunst einladen. Der Galerieraum gefällt mir mit seinen überhohen Dimensionen. Ich möchte aber nicht als ´Opfer´ in dem Raum ausstellen, der mir die Bedingungen vorgibt, sondern eine Gestaltung machen, die den Raum verdreht - den Raum durcheinander bringt, das Oben und Unten vielleicht verkehrt.

SBV: Hast du in der Kunsthalle Zürich eine ähnliche Installation gezeigt?

HZ: Die Ausstellung dort ist auf den Ort hin konzipiert. Da die Kunsthalle in ein provisorisches Haus mit Fachwerk und Wandmalereien eingezogen ist, zeige ich dort Objekte, die im Raum stehen, die an der Grenze zwischen dem Aussehen einer Skulptur oder eines Gebrauchsgegenstandes sind, also beispielsweise Vitrinenobjekte, die von den Objekten darin befreit sind.

SBV: Du malst immer wieder monochrome Bilder – was interessiert dich daran?

HZ: Mit der Malerei kann man ja verschiedene Momente in den Vordergrund stellen, ob ein Bild eine Distanz einfordert, ob es einen Betrachter heranzieht oder wegdrängt. Beim spuren- und detaillosen Monochromen wird man eher auf Distanz gehalten und da kommt der Rahmen, der Rand in den Blick. Der Rand folgt der Geometrie, dem Raster. In meinen neuen Arbeiten ist das Raster jetzt hineingerutscht in die Bildfläche und wird sichtbar.

SBV: Deine Arbeiten wurden einmal als „emotionslos“ beschrieben – stimmst du dem zu?

HZ: Darüber kann man ja keine eindeutige Aussage machen. Welche Aufregung findet wann statt? Ich denke schon, dass meine Bilder zu einer Aufregung führen können, dass es eine Sensation ist. Das Machen allerdings ist ein Kalkül. Aber umgekehrt ist natürlich alles auch intuitiv, vor allem der Bogen, in dem sich die Arbeiten über die Jahre ineinander fügen. Das ist keine Strategie, sondern das Zwanghafte, das ich nicht loskomme.

SBV: Du verwendest keine Titel für deine Bilder, gibst den Betrachtern also keine Assoziationshinweise – warum?

HZ: Meine Bilder sind meist ohnehin sehr weit weg von dem ursprünglichen Grund, warum ich das malen wollte. Erzählen will ich zwar immer, aber ich will keine Krücke dafür bauen, das muss das rein Visuelle, das Werk alleine können. Wenn ich mich in einer radikalen Abstraktion bewege, dann muss ich auch die Titel weglassen.

SBV: Sind die Worte in deinen Bildern wie bei Meyer Kainer „Fuck Painting Sculpture“ also keine Wegweiser?

HZ: Worte sind eher wie Songs, die man am Morgen hört und nicht mehr aus dem Kopf bekommt – das ist wie ein Wasserzeichen, man kann die als monochrome Bilder sehen, aber durch die Technik tauchen da Begriffe auf. Mich interessieren auch abstrakte Erscheinungen, die zu einem Begriff führen.

Du bist seit dem Jahr 2000 Professor an der Akademie der bildenden Künste Wien. In den aktuellen Diskussionen zur Bildungsreform steht immer wieder die Frage im Raum, wie viel Bildung notwendig ist. Wie siehst du das für die künstlerische Ausbildung?

HZ: Man macht ja immer gewissenhaftere Statistiken, um Vermutungen durch Zahlen zu belegen. Und auch darin zeigt es sich, dass eine weitreichende Bildung sinnvoll ist. Zahlreiche BewerberInnen haben schon andere Studien begonnen, oder auch absolviert. Das sehe ich für ein künstlerisches Studium als großen Vorteil. Es gibt natürlich auch die wenigen Ausnahmen - früh erkannte Talente, die sich in anderen Schulen nicht zurechtfinden. Da fehlt noch die Weite des Wissens und die sehe ich doch als sehr grundlegende Voraussetzung für den künstlerischen Beruf.

Manche Schulen setzen von vornherein auf eine künstlerische Praxis. Wechseln viele dieser Schüler in künstlerische Studiengänge?

HZ: Nicht besonders auffällig. Das sind ja meistens berufbildende Schulen mit einem klaren Praxisziel. Der Sinn für die Kunst muss sich nicht in den Übungen erschließen. Fehlt der Grund, warum ein Bild, eine Skulptur entstehen kann und soll, braucht man nicht auf eine Kunstakademie. Es gibt immer wieder großartige handwerkliche Talente, die aber nicht wissen, was sie damit tun sollen, was es zu erzählen oder zeigen gäbe. Zur Entscheidung für die freie Kunst braucht man ja dann doch noch einen besonderen Tick.

Ist das also ein fragwürdiger Schwerpunkt an den Schulen?

HZ: Überhaupt nicht, denn es ist eine gute Grundlage für viele andere weiterführende Ausbildungen. Das werden dann ganz tolle Grafiker, Designer oder Ingenieure.

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